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Das Operational Excellence Referenz Model

Das Operational Excellence Referenz Model

In meinem letzten Artikel,Lessons from a Crisis“ ging ich auf die Fragestellung ein, inwiefern Unternehmen aus den vergangenen Monaten lernen können und ob es Strategie- und Paradigmenwechsel geben muss und darf. Unter anderem stellte ich die Frage, ob Unternehmen durch kosten- und lean-getriebene Ansätze in eine zu hohe Abhängigkeit von Dienstleistern gerieten, Stichwort single-source.

03/11/2020 Zurück zu allen Artikeln

Optimierung und Denkanstöße für Unternehmen „Post Corona“

In meinem letzten Artikel,Lessons from a Crisis“ ging ich auf die Fragestellung ein, inwiefern Unternehmen aus den vergangenen Monaten lernen können und ob es Strategie- und Paradigmenwechsel geben muss und darf. Unter anderem stellte ich die Frage, ob Unternehmen durch kosten- und lean-getriebene Ansätze in eine zu hohe Abhängigkeit von Dienstleistern gerieten, Stichwort single-source.

Heute unterhalte ich mich darüber mit Jascha Spohr. Er ist Geschäftsfeldleiter Operational Excellence bei der CETPM GmbH dem Institut an der Hochschule Ansbach. Herr Spohr berät und begleitet Unternehmen verschiedenster Branchen bei der Umsetzung von Operational Excellence.

Das renommierte Institut mit Sitz in Herrieden betreut Unternehmen bei ihrer Entwicklung und bildet an seiner Akademie mit angeschlossener Lehrfabrik, jährlich über 3.000 Fach- und Führungskräfte in den Themen Operational Excellence, Lean-Management, Six-Sigma, Agil, Instandhaltungsmanagement und Führungskompetenz weiter (www.cetpm.de).

Herr Spohr, in wenigen Worten: In was für einer betriebswirtschaftlichen Realität leben wir heute?

Die weltweite Entwicklung der letzten Jahre zeigt uns, dass sich Märkte und Kunden für Unternehmen schneller ändern als je zuvor. Trotz guter Strategien stehen Unternehmen am Rande der Belastbarkeit. Gründe dafür sind Digitalisierung, exponentielle Entwicklung von Technologien, Frequenzerhöhung außerplanmäßiger Ereignisse, kulturelle Trends in unserer Gesellschaft und globalisierte Märkte.

In diesem Zusammenhang fällt oft der Begriff VUCA world (volatile, uncertain, complex, ambiguous). Welche nachhaltigen Veränderungen sind notwendig, damit Unternehmen in diesem Umfeld erfolgreich bleiben bzw. werden können?

Um weiter erfolgreich zu sein bedeutet dies für Unternehmen eine hohe Veränderungs-bereitschaft und Anpassungsfähigkeit zu entwickeln. Ein Lösungsansatz hierfür ist die organisationale Ambidextrie („Beidhändigkeit!“). Ambidextrie bedeutet „beide rechts“. Mit diesem Begriff werden in der Medizin Menschen bezeichnet, die statt nur einer dominierenden Hand, beide gleichwertig nutzen können. Unternehmen müssen also zwei Aufgaben gleichzeitig erfüllen, ihre bestehenden Prozesse optimieren (Reduzierung ihrer Verluststruktur) und gleichzeitig an Innovationen arbeiten (Forschen, Entwickeln).

Was bedeutet das im Konkreten und welche Handlungsempfehlungen leiten Sie davon ab?

In den letzten Jahrzehnten sind viele Methoden und Werkzeuge zur Prozessoptimierung entwickelt worden, wie u.a. Valuestream, Kaizen, Six Sigma. Diese Methoden und Werkzeuge sind gut und haben ihren Nutzen. Allerdings helfen sie uns nur bei der Lösung von punktuell auftretenden Problemen. Sie führen kurzfristig zu einem Ergebnis, sind aber selten nachhaltig. Ebenfalls implementieren sie keinen Kulturwandel und keine Problemlösungskompetenz bei den Mitarbeitern innerhalb des Prozesses. Unternehmen benötigen dafür einen ganzheitlichen Managementansatz, der an der Unternehmensvision und Strategie ausgerichtet ist. Hierbei helfen ganzheitliche Verbesserungssysteme, wie das Operational Excellence Referenz Modell von Prof. Dr. Constantin May. Das Referenzmodell findet seit 2009 in verschiedensten Branchen Anwendung.

Ein solches holistisches System wird meist in einem Haus (Tempel) dargestellt. Es besteht aus einem Fundament, den einzelnen Säulen und dem Dach. Das Fundament steht für den Kulturwandel und beinhaltet die Entwicklung der Mitarbeiter, durch Implementierung einer wissenschaftlichen Denk und Verhaltensweisen.

Operational Excellence entwickelt eine Betriebs- und Arbeitskultur, in der Führungskräfte die Mitarbeiterentwicklung als ihre wichtigste Aufgabe annehmen. Auf diese Weise werden das gesamte Wissen und Können aller Mitarbeiter mobilisiert.  Das Fachwissen der Mitarbeiter muss genutzt werden, um Verbesserungen zu erzielen. Der Experte arbeitet innerhalb des Prozesses und nicht im mittleren Management. Führungskräfte können sich somit auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren: das Entwickeln von Mitarbeitern und die strategischen Aufgaben innerhalb ihres Verantwortungsbereichs.

Die Säulen stehen für die einzelnen Bereiche oder Prozesse einer Organisation. Diese können je nach Branche und Unternehmensstruktur weggelassen oder individuelle Säulen hinzugefügt werden. So kann ein Dienstleistungsunternehmen die ersten 3 Säulen des Referenzmodels weglassen, da keine Maschinen, Anlagen und Materialflüsse innerhalb der Organisation vorhanden sind. Die einzelnen Säulen helfen dabei die Effizienz aller Unternehmensbereiche kontinuierlich und nachhaltig bis auf Weltklasseniveau zu verbessern, in dem Verluste konsequent eliminiert werden.

Die einzelnen Säulen helfen dabei die Effizienz aller Unternehmensbereiche kontinuierlich und nachhaltig bis auf Weltklasseniveau zu verbessern © CETPM 2020

Jede der einzelnen Säulen wird mit einem sich aufbauenden Stufenmodel beschrieben. Die eine strukturierte Vorgehensweise zur Erreichung von Operational Excellence in der Säule beschreiben. In den einzelnen Stufen finden gängige Werkzeuge wie u.a. Valuestream, Makigami, Scrum, 5S zielgerichtet Anwendung, um nachhaltig zum Unternehmenserfolg beizutragen.

Eine strukturierte Vorgehensweise zur Erreichung von Operational Excellence in der Säule © CETPM 2020

Das Dach besteht aus den Kennzahlenindikatoren PQKLSM (Produktivität, Qualität, Kosten, Liefertreue, Sicherheit, Motivation). Die Ziele für die einzelnen Indikatoren und Unternehmensbereiche, werden in einem Zielentfaltungsprozess (Hoshin-Kanri) festgelegt und nach der Vision des Unternehmens ausgerichtet. Die Ziele haben eine crossfunktionale Verknüpfung, so dass sich Ziele aus den verschiedenen Unternehmensbereichen nicht gegenseitig aufheben. So verfolgen alle Unternehmensbereiche, vom Top-Management bis zum Mitarbeiter, gemeinsam das gleiche übergeordnete Unternehmensziel. Ein Silodenken in einzelnen Unternehmensbereichen wird somit vermieden. Die Kennzahlen dienen als Grundlage für das Shopfloor-Management und zeigen uns die aktuelle Leistungsfähigkeit unserer Prozesse an. Das Delta zwischen der aktuellen Leistung und dem festgelegten Ziel zeigt uns die Probleme auf, an denen die Mitarbeiter gemeinsam an Lösungen arbeiten. Wichtig hierbei ist, dass sie in entsprechenden Problemlösungsmethoden ausgebildet werden, um Prozesse effektiv zu verbessern.

Welche Analysen und Fragestellungen helfen bei der Bewertung dieses Modells für spezifische Organisationen?

Bevor ein Unternehmen mit dem Operational Excellence Referenz Modell startet, ist es wichtig zuerst ein Grundgerüst dafür zu schaffen. Das bedeutet die Verluststruktur der Organisation zu kennen. Wo befinden sich Potentiale und Engpässe. Dabei hilft ein Company Assessment, dass die Verluste in Geschäftsprozessen, in der gesamten Supply Chain, an Maschinen und Anlagen identifiziert und die Handlungsfelder aufzeigt. Im nächsten Schritt werden gemeinsam mit dem Top-Management Durchbruchziele vereinbart. Auf Basis dieser wird im nächsten Schritt mit den Führungskräften der Zielentfaltungsprozess (Hoshin-Kanri) erarbeitet und die auf kennzahlenbasierenden Handlungsfelder festgelegt. Daraus resultiert die Unternehmens Roadmap für die nächsten 3-5 Jahre.  Der Unternehmenserfolg ist dadurch nachhaltig gewährleistet und es wird in den einzelnen Säulen von Operational Excellence gestartet.

Was ist Ihr persönlicher Appell an Führungskräfte und Unternehmer?

Die letzten Jahre haben gezeigt das die Themen wie Operational Excellence und Lean-Management mehr Bedeutung haben als je zuvor. Sie helfen einer Organisation die benötigte Ausrichtung und Schnelligkeit zu erlangen, um ein maximales Betriebsergebnis zu erreichen.

Das wichtigste ist das „TUN“. Wir Deutschen sind Weltmeister darin zu argumentieren, warum etwas nicht funktioniert. Diese innere Haltung lässt sich in unserer heutigen schnelllebigen und sich ständig ändernden Welt mit ihren Märkten und Kunden nicht mehr vertreten. Anstatt Monate oder sogar Jahre darüber zu diskutieren, sollte gehandelt und mit der Umsetzung begonnen werden. Erkenntnisse aus den Erfolgen und aber auch aus Rückschlägen gilt es zu bewerten und diese in die nächste Herausforderung einfließen zu lassen. Mit dieser Vorgehensweise werden Organisationen entwickelt und nicht mit Diskussionen im Besprechungsraum ohne Folgeaktivitäten. Holistische Managementsysteme beweisen seit Jahrzehnten das sie funktionieren und führen Unternehmen zum Weltklasseniveau.

Qais Felix El-Chami is our Practice Lead for Industrial & Logistics based in Frankfurt, Germany.

He leads Morgan Philips Executive Search’s activities in Industry and Logistics in Germany. 
In this role, he serves as a strategic partner for his clients and specializes on Director-, VP- and C-level positions in complex matrix organizations in Manufacturing and Operations and Supply Chain Management. Furthermore, he focuses on the logistics industry, including transportation (air & ocean, road, rail), last mile, and contract logistics.

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