01/12/2024
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In der sich ständig weiterentwickelnden Finanzwelt wird Künstliche Intelligenz (KI) zunehmend als ein Gamechanger betrachtet – doch birgt der Einsatz von KI in Banken auch erhebliche Risiken? Daniel Joseph, Partner bei Morgan Philips Group, spricht mit Torsten Krieger, Director bei der AWADO Gruppe, über die Chancen und Herausforderungen von KI im Bankwesen und die langfristigen Auswirkungen auf die Branche.
Torsten Krieger
Director
AWADO Gruppe
Daniel Joseph
Partner
Morgan Philips Executive Search
1. Welche Auswirkungen hat der Einsatz von KI in Banken auf die Arbeitsweise?
Torsten Krieger: KI wird die Arbeitsweise von Banken tiefgreifend verändern. Ein klarer Vorteil ist die Automatisierung von Bankprozessen, die die Effizienz steigert. Tätigkeiten wie die Bearbeitung von Kreditanträgen, Compliance-Prüfungen oder das Monitoring von Transaktionen werden durch KI-basierte Systeme erheblich schneller und präziser durchgeführt. Das spart nicht nur Zeit, sondern verringert auch Fehler und Kosten.
Besonders im Bereich Kundenservice ist KI ein echter Gamechanger. Chatbots, die rund um die Uhr zur Verfügung stehen, beantworten einfache Anfragen in Sekunden. Gleichzeitig ermöglichen KI-gestützte Analyse-Tools Banken, personalisierte Empfehlungen zu generieren. Ein Beispiel: Wenn ein Kunde regelmäßig in bestimmten Restaurants einkauft, könnte die Bank automatisch Angebote für Rabatte oder Sonderaktionen bereitstellen. Diese Art der Personalisierung stärkt die Kundenbindung und trägt zur langfristigen Kundenloyalität bei.
Ein weiterer Bereich, in dem KI eine wichtige Rolle spielt, ist das Risiko-Management. Kreditrisiken können durch den Einsatz von KI präziser vorhergesagt werden, indem Datenmengen, die für Menschen schwer greifbar wären, von der KI in Echtzeit analysiert werden.
2. Welche Risiken birgt die Einführung von KI in Banken?
Torsten Krieger: Das stimmt, es gibt erhebliche Risiken, die nicht unbeachtet bleiben sollten. Eines der größten Probleme ist die Black-Box-Problematik. KI-Entscheidungen sind nicht immer nachvollziehbar, und in einem stark regulierten Bereich wie dem Bankwesen ist es entscheidend, dass Entscheidungen verständlich und erklärbar sind – sowohl für Regulierungsbehörden als auch für Kunden.
Ein weiteres Risiko besteht in der Verzerrung der Daten, die zur Schulung von KI-Modellen verwendet werden. Wenn historische Daten verzerrt oder unvollständig sind, könnte die KI diese Verzerrungen übernehmen, was in der Praxis zu diskriminierenden Entscheidungen führen könnte – zum Beispiel bei Kreditvergabeentscheidungen. Banken müssen sicherstellen, dass die verwendeten Daten fair und ausgewogen sind, um solche Probleme zu vermeiden.
Nicht zu vergessen ist auch die Abhängigkeit von Drittanbietern. Viele Banken setzen auf externe Technologiepartner und haben dadurch weniger Kontrolle über kritische Prozesse. Sollte es bei einem Drittanbieter zu Problemen kommen, könnte das erhebliche Auswirkungen auf den Betrieb haben. Und schließlich gibt es ethische Fragestellungen: Wie weit dürfen wir bei der Automatisierung von Entscheidungsprozessen gehen? Kunden könnten sich entfremdet fühlen, wenn sie das Gefühl haben, zunehmend nur noch mit Algorithmen statt mit echten Beratern zu interagieren.
3. Wie sieht die Zukunft von Künstlicher Intelligenz im Bankwesen aus?
Torsten Krieger: Ich bin überzeugt, dass Künstliche Intelligenz die Zukunft des Bankwesens entscheidend prägen wird. Banken, die KI strategisch einsetzen, werden in der Lage sein, ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. In der nahen Zukunft wird die KI noch stärker in die Produktentwicklung und die Kundeninteraktion integriert werden. KI-gestützte Plattformen könnten individuelle Finanzpläne erstellen, die sich in Echtzeit an die sich ändernden Bedürfnisse der Kunden anpassen.
Ein weiteres spannendes Zukunftsszenario ist die Kombination von KI und Blockchain. Diese Technologien zusammen könnten die Grundlage für vollständig automatisierte und gleichzeitig sichere Transaktionen bilden. Das könnte die Effizienz und Sicherheit von Banken revolutionieren und neue Möglichkeiten für FinTech-Innovationen eröffnen.
Ein wichtiger Aspekt, den Banken berücksichtigen müssen, ist die erklärbare KI (Explainable AI). Kunden und Regulierungsbehörden müssen sicher sein können, dass die KI-Entscheidungen nachvollziehbar und transparent sind. Banken, die diese Technologien implementieren, können Vertrauen aufbauen und zeigen, dass KI zu ihrem Vorteil eingesetzt wird, ohne dass die menschliche Komponente verloren geht.
Fazit: KI als Gamechanger und Herausforderung für Banken
Das Interview mit Torsten Krieger verdeutlicht, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bankwesen die Branche sowohl vor enorme Chancen als auch vor nicht unerhebliche Herausforderungen stellt. KI kann ein echter Gamechanger sein, indem sie die Automatisierung von Bankprozessen vorantreibt, die Kundenbindung stärkt und Risiko-Management optimiert. Doch gleichzeitig müssen Banken ethische und technologische Risiken sorgfältig abwägen, um den größtmöglichen Nutzen aus der Technologie zu ziehen.
Daniel Joseph sieht in der zunehmenden Integration von Künstlicher Intelligenz auch eine Veränderung im Bereich Executive Search. Die Technologie wird neue Möglichkeiten schaffen, aber er betont, dass der Mensch und die Beziehungspflege weiterhin im Zentrum stehen sollten. KI wird die Menschlichkeit nicht ersetzen, sondern ergänzen, um nachhaltige Lösungen für die Bankenbranche zu schaffen.